Bausparvertrag

Des Schwaben liebstes Kind – Das Erstgeborene Der Bausparvertrag

Entgegen einiger Gerüchte, haben die Schwaben das Bausparen leider nicht erfunden, wenngleich die Liebe zum Schaffen, dem Häusle und die Liebe für das Vereinsleben durchaus dafür sprechen.

Die Grundidee des Bausparens

Wie meistens im Leben, möchte man etwas haben für das man eigentlich kein Geld hat, wie z.B. ein eigenes Häuschen. Wenn man es sich alleine aber nicht leisten kann, liegt der Gedanke nahe weitere Mitstreiter mit ins Boot zu holen, die dasselbe Ziel anstreben und sich so de facto eine Interessengemeinschaft bildet.

In Mickey-Maus-Zahlen erklärt ohne Zinsen

Wir haben zehn tüchtige Schwaben, die jeder für sich ein Häuschen bauen wollen, aber keiner hat dafür genügend Eigenkapital. Sagen wir, das standardisierte Häuschen kostet mit Grundstück, aber ohne Gartenzwerge 100 SGE (schwäbische Geldeinheiten). Jeder der wackeren Häuslebauer kann pro Jahr 10 SGE ansparen und zahlt dies in einen gemeinsamen Topf.

Am Ende des ersten Jahres sind nun 100SGE im Topf (Bausparsumme) und der erste Bausparer kann als Bauherr aktiv werden und zahlt die weiteren 9 Jahre weiter 10 SGE in den Topf zurück (Tilgung). Entsprechend dieser Logik kann im Folgejahr wieder ein Bauherr aktiv werden, 8 Jahre früher, als er es durch alleiniges Sparen gekonnt hätte. Im Durchschnitt sinkt die Wartezeit so von 10 auf 5,5 Jahre.

Die Grundidee ist also, dass man durch Sparen Eigenkapital aufbaut und die Finanzierungslücke zu den eigenen vier Wänden als Bausparsumme (hier ist der Bausparvertrag zuteilungsreif) aufnimmt. Zur Anfangszeit des Bausparens in Deutschland, wurde die Reihenfolge der Zuteilung im Losgefahren bestimmt, d.h. im schlimmsten Falle musste man solange warten wie wenn man die Summe alleine angespart hat. Einige Zeit später wurde auf ein Bewertungsverfahren umgeschenkt, das in Abhängigkeit von angesparter Summe und aufgewendeter Zeit über den Zuteilungstermin bestimmte.

Gesicherte Konditionen

Beim Abschluss eines Bausparvertrages, sichert man sich zweierlei Zins. Zum einen Sparzins für die Ansparsumme, dessen Höhe i.d.R. über den marktüblichen Zinsen liegt. Zum anderen wird der Zins festgeschrieben, zu dem man bei Zuteilung des Bausparvertrags Fremdkapital in Höhe der Bausparsumme aufnehmen kann. Normalerweise ist dieser Zinssatz geringer als der marktübliche Fremdkapitalzinssatz bei Vertragsabschluss, aber die Sache hat einen Haken: die zeitliche Diskrepanz zwischen Abschlussdatum und Zuteilung. Wenn der Leitzins der Banken inzwischen gesunken ist (bspw. von 3% auf 2%).

Böse Zungen behaupten hier, dass es sich um eine Zinswette handelt, aber lassen wir das…

Bauförderung durch Gevatter Staat

Seine Blütezeit erlebte der Bausparvertrag immer dann, wenn Wohnungsraum besonders knapp war in Deutschland, also nach dem ersten und nach dem zweiten Weltkrieg. Warum sich in diesem Zusammenhang der Berief Betongold durchgesetzt hat ist mir allerdings schleierhaft, da Immobilienbesitzer entweder ausgebombt waren, oder als verschonte Glückliche eine Sondersteuer als eine Solidaritätsabgabe zahlen mussten, was eine Krisensicherheit durch aktive Gesetzgebung natürlich einschränkt, aber wir wollen die Illusion nicht zerstören, wegen der emotionalen Rendite.. 

In Deutschland wurde der Bausparvertrag durch folgende Komponenten besonders beliebt:

  • Wohnungsbauprämie

    bei Ledigen aktuell*  8,8% auf die Ansparsumme bis 512?‚¬ p.a., d.h. 45,06?‚¬.

    Bedingung hierfür ist, dass zu versteuernde Einkommen übersteigt nicht 25.600?‚¬ p.a. und es werden pro Monat mindestens 50?‚¬ eingezahlt.
    Für verheiratet Bausparer gelten die Höchstsummen entsprechend *2

  • Arbeitnehmer Sparzulage

    Beim Bausparen beträgt die Arbeitnehmer Sparzulage 9% auf maximal 470?‚¬ für Ledige ?€“Sie ahnen es schon?€“ entsprechend doppelt so hohe Grenzen bei Verheirateten. Das entspricht in absoluten Zahlen einer Zulage von 42,30?‚¬ für Ledige, und entsprechend 84,60?‚¬ für Verheiratete.
    Um in den Genuss solcher Zinsen zu kommen, müssen Sie ?€“gelinde gesagt?€“ etwas arm sein, denn Ihr jährliches Einkommen darf 17.900?‚¬ (für Ledige, Sie kennen die Konsequenz des einen Rings) nicht übersteigen.

    Aber: Dies gilt nicht für Kapitaleinkünfte! Sollten Sie also zu den privelligierten Privateres gehören, so könnte sich hier ein staatliches Renditeprojekt auftun.. nur so als Idee…

  • Vermögenswirksame Leistungen

    Es ist nicht flächendeckend vorgeschrieben, aber viele Arbeitnehmer erhalten über ihren Tarifvertrag, oder einen generösen Arbeitgeber einen steuerbefreiten Sparzuschuss von maximal (die Höhe variiert stark) 40?‚¬ pro Monat. Um diesen Steuervorteil nicht zu verschenken, weil man verschenkt ja nichts, muss nur noch flux ein Sparprodukt her, wo man diese milde Staatsgabe sammeln kann. Immerhin etwas gegen die Altersarmut.

  • Wohn-Riester

    “Riester” ist das deutsche Schlagwort das fällt, wenn es um die private ?€“staatlich geförderte?€“ (Alters-)Vorsorge geht. Und weil wir hier beim Bausparen sind, lesen Sie richtig, dass die komplette Riesterförderung auch für den Erwerb von Wohneigentum verwenden lässt, und das funktioniert ungefähr so*:

  • Voraussetzungen für Riester:
    • 4% Ihres jährlichen sozialversicherungspflichtigen Vorjahreseinkommens
      mindestens 60?‚¬, aber maximal 2100?‚¬ in ihren Riester-Vertrag einzahlen.
  •  Förderhöhen
    • Grundzulage jährlich für Alleinstehende: 154?‚¬ -Verheiratet entsprechend *2
    • Kinderzulage je Kind:
      • vor 2008 geboren: 185?‚¬
      • nach 2008 geboren: 300?‚¬
    • Einmaliger Bonus junge Leute < 25Jahre: 200?‚¬
  • In der Konsequenz gerechnet
    • Der spitzfindige Schwabe erhält folglich beim Berufseinstieg für 5?‚¬ im Monat (5?‚¬ * 12 = 60?‚¬) 154?‚¬ (256% p.a.!) + eventuell den Jüngelchenbonus (200?‚¬ – 333%!)
      So, diese Prozentzahlen fixen natürlich an ?€“der Staat ist gut!
    •  interessanter sieht es bei den Kindern aus, wenn Sie ?€“sagen wir jetzt?€“ anfangen, dann bringt so ein Sprössling ceteris paribus (wir erinnern uns, die Rente ist sicher!) Ihnen 5.400?‚¬, bis Sie ihn mit der Volljährigkeit vor die Tür setzen.
    • Sich das in beliebiger Familienkonstellation schön zu rechnen überlasse ich hierbei ihrem vertrauensvollen Finanzberater, sonst fehlen ihm die Argumente 😉
    • In der Konsequenz kann Ihnen aber niemand sagen ob sich das lohnt. Man kann es sich hier schön rechnen wie man möchte, aber es gibt ein paar Aspekte zu bedenken:
      • Die Rechnung steht und fällt zum einen mit den staatlich garantierten Förderbeträgen
      • Was Ihnen niemand sagen kann, ist wie es sich mit der nachgelagerten Besteuerung im Rentenbezugsalter verhält.

Verschiedene Zielaspekte

Nicht immer werden Dinge so verwendet, wie sie eigentlich gedacht sind, daher folgt eine verallgemeinerte Liste von Verwendungsarten des Bausparvertrags, die allerdings von der Bausparkasse abhängen:

  • Rendite-Sparer
    Die überdurchschnittlichen Zinsen verleiten dazu den Vertrag als Festgeldersatz zu verwenden und das Bauspardarlehen bei erreichter Ansparsumme nicht abzurufen. Die attraktive Verzinsung läuft weiter, und eine sichere Anlage ist es auch. Man kann den Bausparvertrag aber auch aufstocken, dann kann man nämlich wieder einzahlen..
    Jedenfalls in der Theorie, denn den Bausparkassen ist es natürlich ein Dorn im Auge, wenn Ihr Finanzierungsprodukt als Anlageprodukt “missbraucht” wird und kündigt seit einiger Zeit angesparte Altverträge, die kein Darlehen abrufen (woran die Bausparkasse im Niedrigzinsumfeld ihr Geld verdienen würden.)
    Falls ihre Bausparkasse ihren Vertrag unerwartet kündigt (aufgrund der niedrigen Kapitalmarktzinsen), können Sie zurecht monieren dass sie bestimmt nicht kündigen würde, wenn die Zinsen steigen. Verträge sind einzuhalten, mehr dazu im Papstblog.
  • Flexibler Bausparvertrag
    Leute, die sich zwar nicht für ein Ziel nicht entscheiden können
    aber vorsorglich schonmal sparen wollen, man weiß ja nie. Man kann sich den Darlehensanspruch sichern und dem Staat gleichzeitig nichts schenken.. (Wenn diese Leut’ mal nicht im Schwabenland wohnen… dann sind sie von dort ausgewandert 😉 .
    Ergo, Prämien-Sparer oder Sparer mit Vermögenswirksamen Leistungen.
  • Baufinanzierung
    Es gibt natürlich auch noch die klassische Finanzierungsabsicht mit Hinblick auf günstige Zinsen für ein Baugelddarlehen, die Traditionalisten unter sich.
  • Modernisierungs- und Renovierungsmaßnahmen
    Die Aufwertung des Eigenheims oder altersgerechte Anpassung wird auch gefördert, weil gehts dem Wähler gut, gehts dem Ländle gut.
  • Zahlungskräftige Bauherren
    Die richtigen Füchse sparen ihr Geld hochverzinslich außerhalb des Bausparvertrags an und haben im entscheidenden Moment bemerkt, dass ein Bauspardarlehen günstigere Konditionen bietet als das reguläre Angebot auf dem Kapitalmarkt und zahlen flux die komplette Ansparsumme en bloc ein und sichern sich das günstige Darlehen.
  • Kreditumschuldung
    Die Einsicht kommt ja manchmal spät, aber wenn man merkt dass man teure Konsumschulden auch in Kredite zu Wohnzwecken umschulden kann, dann wird der neue Fernseher nomol günschdiger… Offiziell geht das nicht wirklich, aber es ist auch ein grauer Interpretationsspielraum, was zu Wohnzwecken gehört.. hab ich jedenfalls gehört.

Kritikpunkt Abschlussprovision

Seit der Finanzkrise 2009 geistert es durch die Welt, dass die Finanzberater provisionsgetrieben die Kunden schlecht beraten haben. (Bei Ihnen ist das natürlich nicht so, Sie kennen den Max schon seit der Grundschule und können sich gar nicht vorstellen dass er so freundlich auf Ihrem Sofa sitzen könnte, wenn er ihnen irgendeinen Humbug verkauft. Er mag Sie, warum hätte er auch sonst ihre Wohnung so gelobt und sich gefreut dass er heute hier sein darf…)

Das sei mal so dahingestellt, aber Fakt ist, dass das Kleingedruckte solcher Verträge mehr in das Bewusstsein gerückt ist. So wurde bekannt, dass Finanzberater, egal ob auf Ihrem Sofa oder in Ihrer Bank, Provision für verkaufte Produkte bekommen. (An dieser Stelle dürfen Sie sich jetzt wieder fragen ob es denn dann ein Berater oder Verkäufer ist, aber lassen wir das..)

Die Abschlussprovision bewegt sich je nach Vertrag in einem Korridor von 1% bis 1,6% der Bausparsumme (Erinnerung: Bausparsumme = Bausparguthaben (ihr Geld) + Zinsen (auf ihr angespartes Geld) + abrufbares Darlehen). Wenn Sie zynisch und neidisch sind, können Sie an dieser Stelle nachrechnen was ihr Berater daran verdient, dass Sie ihm Kaffee angeboten haben.. 

In jedem Falle schlägt sich diese Gebühr auf die Zinsentwicklung und natürlich die Rendite nieder, denn bevor Sie für ihr eingezahltes Geld Zinsen bekommen, werden mit ihrer Sparrate die Provision für den Vertrieb bezahlt und im Falle einer Kündigung des Vertrages, bekommen Sie dieses Geld auch nicht zurück. Um den Teufel nun endgültig an die Wand zu malen, verknüpfen Sie diese Information mit dem niedrigen Zinsumfeld. Das Bild dass sich hier abzeichnet ist leider, dass ?€“trotz staatlicher Förderung?€“ die Empfehlungswürdigkeit dieses Finanzprodukts aus einer Zeit stammt, als die Zinsen bedeutend höher standen und heutzutage oft zu negativen Renditen führt. 

In Seit Dezember 2014 erwirkte die BaFin im Zuge der Verbraucherfreundlichkeit und sanften Kritik, dass die Finanzberater ihre Abschlussprovision mit dem Kunden bis zu einer Höhe von 50% teilen können. De facto fällt die Abschlussprovision im Idealfall auf 0,5% der Bausparsumme, allerdings verbieten die Bausparkassen ihren Berater die Provision zu teilen und drohen mit Kündigung, was man natürlich versteht, geht es doch um renditeträchtige und risikoarme Jagdgründe. Darum verkaufen Sie das Produkt weiter ?€“genau wie früher?€“ mit einer emotionalen Rendite und Kalkulationssicherheit.

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So muss jeder letzten Endes selbst entscheiden, welche Rendite sich für ihn am meisten rentiert, weil ein alternatives Darlehen mit festgeschriebenen Zinsen gibt es leider nicht am Kapitalmarkt, der Anlagemöglichkeiten sucht.


* = Stand: März 2015